Die 11 Gebote für literarische Debütanten

Gerne werde ich von aufstrebenden Neuautoren gefragt, wie man im Falle des Lottogewinns eines Verlagsvertrags nun am besten gegenüber dem Verlag und der Öffentlichkeit auftritt. Hier also meine 11 Gebote für Debütanten:

1. Lehne Korrekturwünsche des Lektors kategorisch ab. Nimm dir ein Beispiel an Peter Handke, der hat sich seine Texte auch nicht lektorieren lassen.

2. Wenn dein Verlag ein Autorenfoto verlangt, schicke ihm ein oberkörperfreies Urlaubsbild vom letzten Strandaufenthalt an der Adria. Leser mögen Autoren, die ihnen ähnlich sind. Wenn dein BMI über 28 liegt, verstecke deine Rundungen hinter deinem letzten Roman. Wenn du noch keinen Roman veröffentlicht hast, verstecke sie hinter einem kleinen schwarzen Notizbuch, das wirkt intellektuell. Und schwarz macht schlank.

3. Lehne die ersten drei Covervorschläge deines Verlags grundsätzlich ab. Verleger mögen komplizierte Autoren. Das erinnert sie daran, dass sie keine Backwaren verkaufen, sondern es mit Künstlern zu tun haben.

4. Falls es jemals soweit kommt, dass der Verlag dir Fahnen zur Korrektur schickt, ist jetzt ein guter Zeitpunkt, den Anfang der Geschichte noch einmal komplett umzuschreiben. Und das Ende. Ändere heimlich das Geschlecht deiner Hauptfigur. Suche nicht nach Subtext zwischen den gedruckten Zeilen. Dort ist nur weißes Papier.

5. Verlange astronomisch hohe Summen für Lesungen. Begründe sie damit, dass du eine krebskranke Katze mit künstlichem Darmausgang hast, die nur ayurvedisches Futter frisst. Wenn du tatsächlich einen Dummen findest, der dich engagiert, beginne die Veranstaltung mit einer zünftigen Publikumsbeschimpfung. Du bist jetzt immerhin ein Intellektueller. Wer geliebdrückt werden will, soll zu Roger Willemsen gehen.

6. Behaupte völlig haltlos, Jussi-Adler Olsen habe deine Geschichte geklaut. Das erzeugt Medieninteresse. Auch wenn die wie Pilze aus dem Boden schießenden Plagiatsjäger keine Übereinstimmungen finden können: jetzt hast du schon ein paar tausend Exemplare verkauft.

7. Versehe jede Amazon-Rezension deines Machwerks, die weniger als 5 Sterne hat mit ätzenden Kommentaren oder beantrage direkt deren Löschung. Finde die Identität des Rezensenten heraus und überschütte ihn mit elektrischen Schmähbriefen. Wer dein Genie nicht erkennt, muss mundtot gemacht werden. Nötigenfalls lege dir siebzehn Pseudonyme zu und rezensiere dein Buch selbst.

8. Niimm an Leserunden teil. Zettle weitschweifige Diskussionen über Kleinigkeiten an, z.B. die Dicke des Umschlagpapiers. Die Leser sollen dich in Erinnerung behalten. Schlechte Erinnerung ist besser als keine Erinnerung. Verdächtige Teilnehmer deiner Leserunde öffentlich, sie wollten nur das Buch abgreifen ohne ernsthaft mit dir in die psychologische Tiefe deiner Geschichte eintauchen zu wollen. Das wird sie einschüchtern und motivieren, dir Mörderrezis zu schreiben.

9. Verkaufe deine signierten Autorenexemplare zum doppelten Preis bei E-Bay. Behaupte, der Autor wäre vor kurzem von seinem Verleger erschossen worden. Das treibt den Preis.

10. Gehe auf die Frankfurter Buchmesse. Besuche die Stände derjenigen großen Publikumsverlage, die dein Manuskript abgelehnt haben. Verhöhne den / die Verlagsleiter/in lautstark für seine Dummheit, dich nicht in seinen Kanon aufgenommen zu haben. Nun würdest du auch nicht mehr für viel Geld dort unterkommen wollen.

11. Wundere dich nicht, wenn dein Verleger tatsächlich eines Tages mit einer Waffe in der Hand in deinem Wohnzimmer auftaucht. Wenn du dein Leben aushauchst, tröste dich damit, dass deine Bücher nun ganz sicher Bestseller werden. Stelle vorher sicher, dass Daniel Holbe deine Dekalogie fertigschreiben wird.

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