Der Tod lauert überall – oder: Warum ich gerne Jerry Cotton-Autor bin

Ja, ich schreibe als Autor für Jerry Cotton. Manche Autoren geben das nicht gerne zu, weil Heftromane immer noch bei vielen als Schund gelten. Ich sehe das anders. Und ich habe eine ganz persönliche Beziehung zu Jerry Cotton.

Ende 2016 erfuhr ich, dass die Krimireihe Jerry Cotton von Bastei Lübbe neue Autoren sucht. Ich hatte anders als viele Autorenkollegen als Jugendlicher mit der Serie nichts anfangen können, oder zumindest erinnerte ich mich nicht daran, die Hefte je gelesen zu haben. Eine Gedächtnislücke, wie sich später herausstellte.

Ich habe ja schon immer zu den Leuten gehört, die gerne mal was Neues ausprobieren: Marathon laufen, das Rasieren mit dem Messer lernen, Bücher schreiben, eine Weltreise machen. Warum nicht mal an einer Heftromanserie mitschreiben?

Natürlich hatte ich keinen Schimmer, ob ich so etwas überhaupt kann: in einem festen Rahmen schreiben, mit vorgegebenem Personal, vorgegebener Seitenzahl, in einem Setting, das nicht weiter von meiner Lebensrealität entfernt sein könnte. Aber ich wollte es zumindest versuchen.

Also ließ ich mir die nötigen Unterlagen schicken, kaufte mir eine Handvoll Jerry Cotton Heftromane und begann zu lesen.

Ich war gelinde gesagt überrascht, und zwar positiv! Vom Niveau der Geschichten, von der Sprache, von der effizienten Erzählkunst. Keine Ahnung, was ich erwartet hatte. Vermutlich eben – Schund. Aber das war kein Schund, sondern professionell geschriebene Gebrauchsliteratur. Und die erste Geschichte – es ging um die Verquickung von Mafia und Gewerkschaften im New Yorker Baugewerbe – war sogar ziemlich faktentreu, wie mir eine Schnellrecherche bei Google zeigte.

Vor einigen Jahren war ich Teil der Jury für den Debüt-Glauser. Und was einem da so (als preiswürdig empfunden) vorgelegt wurde, davon war einiges nicht mal annähernd auf dem Niveau, das mir nun bei Jerry Cotton begegnete.

Einen der Romane habe ich komplett analytisch zerlegt: wieviele Szenen, wie lang ist eine Szene etwa, wie ist die Geschichte aufgebaut (ich habe ein kurzes Expose für diesen erschienenen Roman geschrieben, um zu sehen, wie die Spannung erzeugt wird, was geht und und was nicht). Habe meine Erkenntnisse mit dem Reihenexposé, das ich von Lübbe geschickt bekam, abgeglichen und mich an das Exposé meines eigenen ersten Heftromans gemacht.

So schlecht kann das Exposé nicht gewesen sein, denn mit Ausnahme kleinerer Verbesserungswünsche kam das GO innerhalb weniger Tage. Also setzte ich mich hin und schrieb. Und erlebte etwas, das mir beim Schreiben seit Jahren nur sehr selten widerfahren ist: den FLOW.

Schreiben ist für mich eigentlich anstrengend. Vermutlich setzte ich meinen Anspruch an mich selbst viel zu hoch an (ob ich den auch halten kann, steht auf einem ganz anderen Blatt…). Aber in diesem Fall ging mir die Geschichte erstaunlich leicht von der Hand. Warum nur? Ich versuche mich an einer Erklärung.

Die Länge: wenn man weiß, dass man bloß 120 Seiten vollmachen muss, steht man bildlich gesehen nicht vor dem Roman-Matterhorn, sondern bloß vor einem Roman-Brocken. Das hilft psychologisch sehr. Die kurze Form hat auch Konsequenzen im Nachklapp: schnellere Überarbeitung, schnelleres Korrekturlesen, einfachere Struktur des Geschichte, keine Nebenhandlungen oder Abschweifungen.

Die Figuren: viele Leute mögen es als Einschränkung empfinden, aber sein Stammpersonal komplett durchdefiniert zu haben, kann eine echte Erleichterung sein. Dazu kommt, dass die Hauptfiguren wegen des Reihencharakters keinen emotionalen Bogen innerhalb der Geschichte durchlaufen. Verändern tun sich die anderen, die Täter oder Opfer, wenn überhaupt. Das spart einem unglaublich viel Arbeit. Aber man muss sich mit den Hauptfiguren wohlfühlen. Oder lernen, es zu tun. Nicht jedermanns Sache. Bei mir klappte das sehr gut.

Empathie für die Figuren: eine sehr wichtige Erkenntnis war, dass ich bislang immer relativ wenig Empathie mit meinen Romanfiguren empfunden habe. Weil sie nicht überhöht sind, sondern relativ normale Leute mit all ihren Problemen und Fehlern. Manchmal mit ein bisschen mehr Problemen als andere, um sie möglichst interessant zu machen. Oder ein bisschen dümmer als wir alle, um es ihnen schwerer zu machen, den Fall zu lösen. So oder so niemand, mit dem ich so richtig befreundet sein wollte. (Wäre ein Thema für einen ganz eigenen Beitrag: Sollte man als Autor mit seinen Protagonisten befreundet sein wollen?) Bei Jerry und Phil ist das anders. Sie dürfen, ja müssen 100% gut sein. Sie tun nichts Falsches, Dummes, Böses – höchstens in guter Absicht (jaja, der Weg zur Hölle…). Alle nehmen ihre Job ernst, halten sich an die Regeln, auch wenn es manchmal weh tut, das gilt für Jerry genauso wie für die Nebenfiguren, z.B. Mai-Lin Cha, Concita Mendez, Mr High etc. Die Guten arbeiten im Team und nicht gegeneinander. Dazu später mehr. Die Komplikationen entstehen nur selten daraus, dass die Protagonisten Fehler machen (höchstens mal eine Nachlässigkeit), sondern weil die Gangster so clever sind. Das macht es einem als Autor relativ leicht, sie alle zu mögen. Bei meinen Jerry Cotton Romanen habe ich, anders als bei meinen eigenen Büchern, am Schluss doch tatsächlich leichte Melancholie empfunden, die Figuren gehen zu lassen und sie den Kollegen zu überlassen, die ihnen andere Geschichten schreiben. Das war bei meinen Romanen nie so, da war ich immer froh, wenn’s vorbei war.

Die Struktur: Jerry Cotton Romane sind schlicht strukturiert und total Plot-zentriert. Mir als plot-orientiertem Autor fällt das leicht. Die Verwicklungen sind relativ simpel: Spur A führ zu Spur B, die wiederum zu Spur C und so weiter. Die Leistung von Jerry und Phil besteht darin, die Spuren zu finden und zu verknüpfen, dabei hilft ihnen ihre Erfahrung, das Teamwork, ihre Partnerschaft. Klassische Whodunits halt.

Klischee: Jerry Cotton Romane stecken voller Klischees. Das mag man belustigend finden, für mich als Autor, der hart daran arbeiten muss, Klischees zu vermeiden, ist das aber befreiend und macht mir die Arbeit leicht. Da dürfen Sprüche fallen, die jedem deutschen Lektor die Haare zu Berge stehen ließen (wenn er noch welche hat…), da dürfen Figuren aussehen, wie aus einem James-Stewart -Film der sechziger oder sich benehmen wie John Wayne oder Ernest Borgnine. Weil ich in den Siebzigern und Achtzigern mit solchen Figuren im Vorabendprogramm aufgewachsen bin, finde ich leicht in so eine Welt hinein. Ich kann Bilder und Töne abrufen, die ich gespeichert habe, seit ich zehn Jahre alt bin.

Die Abläufe: Bei Heftromanen läuft einiges anders, als bei einem Roman. Zum Beispiel gibt es nur ein redaktionelles Lektorat. Das bedeutet, ich gebe den Text ab und der Verlag macht damit was er will. Schreibt um, streicht, ergänzt, alles ohne mein Zutun. Da mein Name nicht auf dem Cover steht, ist das für mich kein Problem, Es spart mir einen Haufen Überarbeitungen und ich kann mich auf das konzentrieren, was mir besonderen Spaß macht: mir die nächste Geschichte ausdenken.

Geschichtenkoller: Wenn man wie ich eineinhalb Jahre an einem Roman arbeitet, kommt früher oder später der Blues. Man findet die zugrundeliegende Idee auf einmal blöd, die Figuren gehen einem auf die Nerven, jemand anderes hat schon was ganz ähnliches gemacht etc. Meistens passiert das so nach ca. 100-150 Seiten oder zur Halbzeit. Ein Jerry Cotton Heftroman ist da schon zu Ende, und daher kommt man gar nicht in diese blaue Phase.

Öffentlichkeit: Als Jerry Cotton Autor ist man halbwegs anonym. Es ist nicht verboten, dass jemand wie ich sich bekennt und auch die Titel angibt, die er geschrieben hat, aber von Verlagsseite ist der Autor Jerry Cotton selbst und das ist auf den Online-Plattformen ebenso. Diese Anonymität hat auch Vorteile. Bei den Heftromanen komme ich nicht auf die Idee, jede Woche nachzusehen, ob schon ein Leser eine Rezension geschrieben hat oder in irgendeiner Zeitung eine Kritik erschienen ist. Das ist ebenfalls befreiend. Und wenn jemand eine schlechte Rezension schreibt, bleibt das nicht an einem persönlich hängen.

Die Bezahlung: Als Heftromanautor gilt das Buy-Out Verfahren. Man erhält bei Abgabe ein festes Honorar, für weitere Auflagen (in der Regel eine) gibt es noch mal ein Zubrot in geringerer Höhe. Man profitiert nicht von höheren Auflagen, aber man muss sich auch nicht mit jährlichen Abrechnungen herumschlagen oder dem Verlag wegen des Geldes hinterher rennen. Ganz ehrlich: dass Jerry Cotton überraschend in die SPIEGEL-Bestseller-Liste einsteigt, ist nicht zu erwarten, darum finde ich das mit dem Fixhonorar völlig okay. Alle Partner wissen woran sie sind.

Schreibschule: Für Jerry Cotton zu schreiben ist eine ausgezeichnete Schule. Nirgends sonst ist man gezwungen, sich derart rigide an Regeln zu halten, inhaltliche wie formelle. Für jemanden wie mich, der gerne viel Text produziert, der aber am besten straff gekürzt gehört, ist das eine super Schule. Auf den Punkt erzählen, sich auf das Wesentliche konzentrieren, die Spannung hoch halten, im Universum bleiben, das lernt man hier. Ich glaube, mein nächster Roman wird besser, weil ich gelernt habe, mich kürzer zu fassen. Eigentlich sollte ein Verlag, der Heftromane macht, seine Neuautoren  zwingen, hier einzusteigen, bevor sie ihre Romane veröffentlichen dürfen, einfach weil man sich als Autor dadurch verbessern kann.

Geschwindigkeit: Die Verlagswelt plant gerne lange im Voraus. Bei den großen Publikumsverlagen kann schon mal ein Jahr vergehen, bis ein abgegebenes Manuskript als Buch erscheint. Frustrierend. Bei Heftromanen geht alles ein bisschen schneller. Meinen ersten Jerry Cotton habe ich Ende Februar abgegeben, Anfang Mai erscheint er. Den zweiten habe ich jetzt (Ende März) abgegeben, er kommt Ende Mai raus. Ich finde das alles sehr angenehm.

Flexibilität: Durch die kurzen Rhythmen wechseln sich Phasen des intensiven Schreibens und der Ruhe schnell ab. Einen Monat schreibe ich einen Heftroman, dann mache ich Ferien vom Autorendasein, dann schreibe ich wieder. Wenn die Zusammenarbeit mit Verlag und Lektorat zufriedenstellend läuft (und bei den Heftroman-Verlagen arbeiten – jedenfalls im Moment – Profis, mit denen sich gut kooperieren lässt, und die auch ihre Honorare regelmäßig zahlen), dann hat man es als Autor selbst in der Hand wie viel und wie oft man arbeitet. Für einen Nebenerwerbs-Autor wie mich perfekt.

Ich könnte noch ein paar mehr Gründe nennen, und vielleicht schreibe ich noch einen weiteren Beitrag zu dem Thema, aber für jetzt soll es genügen. Ich hatte ja angekündigt, dass ich eine persönliche Beziehung zu Jerry Cotton habe und das will ich jetzt erklären.

Als ich meiner Mutter erzählt habe, dass ich jetzt für Jerry Cotton schreibe, erzählte sie mir, dass mein Vater, der vor über dreißig Jahren mit erst 44 Jahren gestorben ist, nie Romane gelesen hat, weil sie ihm zu lang waren. Aber er hat Jerry Cotton gelesen. Angeblich lagen bei uns auf dem Klo immer stapelweise Heftromane herum. Ich hatte das nur vergessen.

So schließt sich der Kreis: mein Alter las die Dinger, ich schreibe sie jetzt.

 

Der Tod lauert überall

Mein erster Cotton.

In einer Bostoner Wäscherei in Chinatown wurde ein Ex-FBI-Agent tot gefunden – auf dem Bauch liegend und eine mit den Fußknöcheln verbundene Drahtschlinge um den Hals, sodass sich das Opfer langsam qualvoll selbst stranguliert hatte. Alles deutete auf einen Mord der Triaden hin. Doch Phil und ich bekamen es schnell mit einem viel gefährlicheren Gegner zu tun …

Von 86 auf 71 in einem Dreivierteljahr – Die Erklärung

Ich hab ja versprochen, aufzulösen, wie ich in 9 Monaten 15 Kilo abgenommen habe.

Die Antwort lautet: 5:2 Diät. Auch Intervallfasten genannt, oder Intermittierendes Fasten.

Bei 5:2 darf man fünf Tage lang essen, was man will. An zwei Tagen nimmt man je maximal 500 Kilokalorien zu sich. Die beiden Tage sollen nicht direkt aufeinanderfolgen. Ansonsten gibt es keine Regeln.

Die Idee ist bestechend einfach: aufgrund von zwei „Fastentagen“ reduziert man seinen Kalorieninput pro Woche um ca. 3000 Kilokalorien. Bei einem Wochensoll von ca. 15.000 Kilokalorien (für einen Mann) sind das 20%. Solange man es nicht schafft an den anderen fünf Tagen um je 600 Kilokalorien zu übertreiben, nimmt man ab – mal mehr, mal weniger.

Dass man viel trinkt und sich gelegentlich bewegen sollte, versteht sich von selbst.

Es funktioniert bei den meisten Menschen recht gut, weil

  • es leicht ist, sich einen Tag zu disziplinieren, wenn man weiss, dass man am nächsten Tag wieder normal essen darf – sogar Schokolade
  • weil man keine speziellen Lebensmittel oder Zusatzstoffe kaufen muss
  • weil die Methode sich gut in den Alltag integrieren lässt – man muss ja nicht zwingend immer am selben Tag fasten
  • weil sie positive Auswirkungen auf die Blutwerte hat (siehe den Begriff „Autophagie“)

Aber natürlich gibt es auch Nachteile:

  • an Fastentagen hat man die meiste Zeit über Hunger, damit muss man umgehen können
  • spätestens am Nachmittag stellt sich ein gewisses Unwohlsein ein, machmal auch leichte Kopfschmerzen
  • ich hatte vor allem nach einigen Monaten Probleme, einzuschlafen
  • manche Leute kriegen Kreislaufprobleme
  • an Fastentagen muss man penibel auf den Kaloriengehalt von Lebensmitteln achten, um unter dem Limit von 500 kCal zu bleiben – das erfordert eine gewisse Beschäftigung mit dem Thema
  • es besteht die Gefahr, an den Fastentagen nachfolgenden Tagen zu überkompensieren

An Fastentagen habe ich kurioserweise eher Sport getrieben. Die Bewegung an der frischen Luft vertreibt den Hunger und das Unwohlsein. Und man ist mit leerem Magen und Darm natürlich wesentlich fitter und schneller.

Die Idee ist, solange bei zwei Fastentagen zu bleiben, bis man sein Wunschgewicht erreicht hat (das ist bei mir jetzt mit 71-72 Kilo der Fall), dann reduziert man dauerhaft auf einen Fastentag pro Woche.

Zur Zeit faste ich gar nicht. Ich versuche nun, unter der Woche (Mo-Fr) „vernünftig zu essen: 3 Mahlzeiten am Tag (keine Zwischenmahlzeiten), keine Süßigkeiten, kein Alkohol. Am Wochenende dann freie Fahrt. Bisher funktioniert das einigermaßen. Mein Vorsatz ist: wenn ich am Ende der Woche zugenommen habe, lege in der darauffolgenden Woche wieder einen oder zwei Fastentage ein.

Morgen: Premierenlesung „Die Sippe“ in Ludwigsburg, Schlößlesfeldbücherei, 20 Uhr, Eintritt frei

Ihr Lieben!

morgen Dienstag, den 25. Oktober, 20 Uhr, findet nun die offizielle Premierenlesung aus der »Sippe« statt – in der Stadtbibliothek Ludwigsburg, Zweigstelle Schlößlesfeld im Brahmsweg 30. Der Eintritt ist frei, es gibt Sekt und Knabbereien. Ich lese vor, ich singe Degenhardt und es gibt einen Supporting Act (Geheimnis)

Freu mich über jede/n der/die kommt!

Von 86 auf 71 in einem Dreivierteljahr

Schreiben macht dick.

Sag ich jetzt mal so. Der / die eine oder andere Autorenkollege*in wird das – mit gequältem Lächeln – bestätigen. Vermutlich ist’s nicht nur die Tatsache, dass man noch mehr am Schreibtisch hockt als sonst. Sondern auch, dass man viel Zeit zuhause verbringt (ganz in der Nähe der Kiste mit den Süßigkeiten …). Oder weil Schreiben ein ziemlich frustrierender Prozess sein kann, den eine Tafel Schokolade erträglicher macht. Also eine pro Tag, weil morgen schreibt man ja wieder und da wirds auch nicht leichter werden. Und sonst meint es das Leben ja auch nicht immer gut mit einem. Mehr Schokolade!

Auf diese Art hatte ich seit 2012 schön gleichmäßig zugenommen. So knapp 80 Gramm pro Woche. Hört sich gar nicht viel an. Von 72 auf über 86 Kilo. 15 Kilo. Ist nicht gerade adipös. Aber beim Versuch, sich im Winter die Skischuhe zuzuschnallen, aus Atemnot fast ohnmächtig zu werden, weil einem die Wampe im Weg ist, das sollte einem eine Warnung sein. Das würde ja ewig so weitergehen. Und dann müssen sie dich eines Tages mit einem Kran aus der Wohnung heben. Du wirst ein Familiengrab für dich ganz alleine brauchen und deine Frau muss sehen wo sie bleibt.

Jetzt kann man sich natürlich einfach mal vornehmen, abzunehmen. Aber Vorsatz und Realität sind nicht aus dem gleichen Garn gesponnen. Versuche, den Speck loszuwerden, gabs im Dutzend. Nicht gerade richtige Diäten. Aber halbgare Selbstdisziplin. Die üblichen völlig übertriebenen Methoden waren auch dabei: nie wieder Schokolade. Nie wieder Alkohol. Nur noch Obst und Gemüse. Sogar eine Woche gefastet habe ich.

Hat natürlich alles nicht funktioniert. Weiß man ja. Der Frust wird stattdessen immer größer. Und man fängt an, sich einzureden, dass man mit knapp Fünfzig schon mal eine Wampe haben dürfe, das haben schließlich fast alle Herren in meinem Bekanntenkreis.

Und dann, im Januar, erzählt mir meine Frau von einem Erlebnis, das so einiges bei mir verändert. Sie holt den Jüngsten vom Kindergeburtstag ab. Ein befreundeter Vater ist auch dort. Es gibt für die Abholer Bier und Sekt und ein paar ziemlich leckere Knabbereien. Der Vater lehnt ab, schiebt aber eine Frage nach: ob er sich von diesem fettigen Zeug etwas mitnehmen dürfe, er würde das dann morgen essen, denn heute sei sein Fastentag.
Natürlich darf er. Und er hat die Neugier meiner Frau geweckt. Sie lässt sich erklären, was das mit dem Fastentag bedeutet.

Cliffhänger! Nur soviel: nach fast 10 Monaten hatte ich wieder 71 Kilo auf der Wage. Und passe in so einige Klamotten, die recht verwaist im Schrank hingen.

Nächste Woche mehr.

Bookarize

Zum Autorenleben gehören Überraschungen dazu: Das Lektorat eines neuen Manuskripts, der Covervorschlag des Grafikers, euphorische oder grottenschlechte Rezensionen. Manchmal fällt es einem nicht leicht, Überraschungen zu verdauen, oft aber sind es aber angenehme Dinge, die einem als Schreibender passieren.

Das hier ist ein Beispiel für eine sehr freudige Überraschung. Die neue Website Bookarize hat mich kontaktiert – sie haben »Golanhöhen« als Pilot für ein neues Rezensionsformat ausgesucht. Das Prinzip ist, Bücher an Schauplätzen aus dem Roman zu rezensieren. Witzig und neu, finde ich.

Und, was haltet Ihr davon?

Euer Marc

Morgen, ja morgen, fang ich a neu’s Leben an

In Kurzform: Ab morgen arbeite ich in Teilzeit und habe 2 Stunden täglich exklusiv für’s Schreiben. Darauf freue ich mich, aber ich habe auch ein bisschen Angst davor.

Morgen fang ich ein neues Leben an. Hört sich pathetisch an? Ein bisschen schon, ich geb’s zu. Aber ab morgen reduziert sich meine hauptberufliche Arbeitszeit auf 80% und das bedeutet in mehrfacher HInsicht eine tiefgreifende Veränderung für mich.

Ich war schon einmal in meinem Leben teilzeitbeschäftigt, von 2003 bis 2009, damals erst um mehr Zeit für die Musik zu haben (ich wollte noch eine CD machen, was ich auch hingekriegt habe – allerdings war’s eine Punktlandung kurz vor der Geburt von Sohn#1), dann lief die Teilzeit einfach so weiter: ich hatte Zeit für die Kinder, für’s Marathontraining etc. Mit unserer Entscheidung, einer Baugruppe beizutreten und unser Haus zu bauen bin ich dann wieder auf 100% zurückgegangen. Das liebe Geld. Nicht dass Ihr das falsch versteht: Ich arbeite gerne, ich mag meinen Beruf, meine Kollegen, meine Firma, und möchte, um mein Haupteinkommen zu erzielen auch gar nichts anderes machen.

Seit fünf Jahren schreibe ich nun, meine Bücher werden veröffentlicht und eines kriegte sogar einen Preis. Damit verbunden sind Ansprüche an mich: am liebsten jedes Jahr ein neues Buch (Verlag), Lesungen (Leser, Festivals und Buchhändler), Ausflüge zur Buchmesse, Autorenstammtische u.a. (ich selbst). Dass das in Kombination mit einem 100% Job, einer Ehefrau, zwei Kindern, einem Hund und noch weiterem ehrenamtlichem Engagement kaum zu bewältigen ist, ist wohl jedem klar. Immer wieder haben mich die Leute bei Lesungen gefragt: »Wie machen Sie das eigentlich?« Am Anfang lautete die Antwort »Ich weiß es nicht, irgendwie funktioniert’s weil meine Frau mich unterstützt, und außerdem haben wir keinen Fernseher.« Später dann, vor allem Ende letzten und Anfang dieses Jahres antwortete ich eher mal »Es funktioniert gar nicht mehr, darum lege ich jetzt erst mal eine Pause ein.«

Es war nicht mal so, dass ich gar keine Zeit mehr gefunden hätte, zu schreiben. Ich habe auch geschrieben, in den Pfingsferien zum Beispiel ein Drehbuch, dass ich für einen Wettbewerb in den USA eingereicht habe. Aber was immer ich in meiner Freizeit tat, es war immer mit einem schlechten Gewissen behaftet. Wenn ich schrieb, tat es mir leid, dass ich die Zeit nicht mit der Familie verbrachte oder nicht mehr im Haushalt machte. Wenn ich dann mal was mit Frau und Kindern unternahm, hatte ich wieder ein schlechtes Gewissen, weil die Texte da lagen und es nicht weiter ging. Irgendwie immer ein schlechtes Gefühl. Wenn ich darüber nachdenke, dass die Nebenberufsautoren in der Literaturgeschichte immer in der Mehrzahl waren (weil man mit dem Schreiben eigentlich noch nie richtig Geld verdienen konnte), frage ich mich, wie in den letzten zweihundertfünfzig Jahren überhaupt soviele Bücher produziert werden konnten.

Aber ab morgen arbeite ich in meinem Hauptberuf nur noch 6 Stunden täglich. Den Rest der Zeit, die ich sonst einfach länger im Büro geblieben wäre (oder in meinem Fall: früher angefangen hätte), schreibe ich. Ich bin offiziell ein Teilzeitautor, kein Hobbyautor mehr. Das ist ein ziemlich gutes Gefühl. Keine konkurrierenden Freizeitaktivitäten mehr. Ich kann schreiben und trotzdem abends mit meiner Frau weggehen, Orgakram erledigen, mit der Familie was am Wochenende unternehmen oder mal länger mit dem Hund gehen, ganz ohne schlechtes Gewissen.

Aber ich habe auch Angst, das gebe ich offen zu: die Umstellung auf Teilzeit bedeutet auch einen Einkommensverlust für mich. Einen substantiellen Einkommensverlust. Wer gebaut hat und Kinder in der Schule, der weiß, was da für monatliche Belastungen entstehen. Es ist mein mittelfristiges Ziel, dieses Minus mit Tantiemen und Honoraren auszugleichen und später auch zu übertreffen. Zwar habe ich inzwischen mit drei Romanen genug Erfahrung gesammelt, um zu wissen, dass ich genug und ausreichen qualtitativen Output produzieren kann, und solange ich gesund bleibe, sollte das auch bleiben. Aber die Buchbranche ist unberechenbar, man ist als Autor den Verlagen ziemlich ausgeliefert und auch wenn meine Leser meine Bücher mögen, gehöre ich ja eher zu den großen Selbstzweiflern. Das erste Mal das reduzierte Gehalt auf dem Bankauszug zu sehen, war jedenfalls schon mal ein kleiner Schock.

In jedem Fall aber überwiegt die Freude die Sorge, dass das Leben als Teilzeitautor nicht so klappt, wie erwartet. Und Ihr könnt mich am besten dabei unterstützen, wenn ihr meine Bücher kauft, und weiterempfehlt.

Morgen also fängt ein neues Leben an. Wie aufregend!

Euer Marc